- Bei der Frage, ob ein wichtiger Grund für die Kündigung eines Architektenvertrages vorliegt, kommt es nicht auf Verschuldensgesichtspunkte sondern darauf an, wessen Risikosphäre der Kündigungsgrund zuzurechnen ist.
- Die einseitige Vorgabe eines Kostenrahmens durch den Auftraggeber reicht jedenfalls dann nicht aus, wenn diese Kosten von denen der bis dahin vorliegenden Planung erheblich abweichen und dem Architekten eine sehr knappe Frist zur Änderung eingeräumt wird.
(BGH, Beschluss vom 26.04.2007 – VII ZR 220/06 – mit welchem die Nichtzulassungsbeschwerde gegen das Urteil des Thüringischen Oberlandesgerichts – OLG Jena – zurückgewiesen wurde)
Sachverhalt
Nachdem zwischen Auftraggeber und Architekten ein Architektenvertrag abgeschlossen worden war und sich das Bauvorhaben mitten in der Abwicklung befand, überwarfen sich Architekten und Auftraggeber. Da dieser den Architekten mehrere Pflichtverletzungen vorwarf, erklärte er die fristlose Kündigung des Architektenvertrages und verweigerte weitere Zahlungen.
Nunmehr klagten die Architekten das nicht gezahlte Architektenhonorar ein, wurden jedoch durch das Landgericht mit einem Großteil der Forderung abgewiesen und erhoben genauso wie der Auftraggeber, der gar nichts bezahlen wollte, Berufung gegen das Urteil. Durch das Thüringische Oberlandesgericht wurde den Architekten ein weiterer erheblicher Honoraranspruch zuerkannt und die Berufung des Auftraggebers auf Klageabweisung abgewiesen.
Obwohl der Auftraggeber hiergegen Nichtzulassungsbeschwerde zum Bundesgerichtshof erhob, nahm er diese aufgrund mangelnder Erfolgsaussichten zurück, so dass der 7. Zivilsenat des BGH durch Beschluss vom 26.04.2007 den Verlust des Rechtsmittels feststellte.
Wesentliche Entscheidungsgründe:
Nach § 649 S. 2 BGB a. F. kann der Unternehmer (hier: der Architekt) in dem Fall, in dem der Besteller den Werkvertrag kündigt, die vereinbarte Vergütung verlangen. Er muss sich jedoch dasjenige anrechnen lassen, was er infolge der Aufhebung des Vertrages an Aufwendungen erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Arbeitskraft erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt.
Die hier durch den Auftraggeber erklärte Kündigung wurde durch den Senat als so genannte freie Kündigung mit der Folge behandelt, dass die Architekten bis zum Eingang der Kündigung sämtliche Leistungen vollständig abrechnen konnten und für den Leistungsteil des Vertrages, der nach der Kündigung eigentlich noch hätte erbracht werden müssen, lediglich den entgangenen Gewinn abzüglich ersparter Aufwendungen berechnen konnten.
Die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen eines wichtigen Grundes obliegt dem Auftraggeber. Ob ein wichtiger Grund zur Kündigung vorliegt, ist nach Lage des Einzelfalles zu beurteilen. Im Zusammenhang mit der konkreten Vertragsbeziehung müssen die Vorwürfe daher unter dem Gesichtspunkt gewürdigt werden, ob sie einer besonnenen Vertragspartei hinreichend Anlass zur Lösung der vertraglichen Beziehung gegeben hätten. Es geht dabei entscheidend um die Frage, welches Verhalten von einem korrekten und loyalen Vertragspartner zu erwarten gewesen wäre.
Da der Auftraggeber ein angeblich strikt einzuhaltendes Kostenlimit erst im Zuge des gesamten Bauvorhabens gegenüber den Architekten vorgab und diese sich weder damit einverstanden erklärt hatten noch die Möglichkeit besaßen, hierauf entsprechend zu reagieren und die Planung abzuändern, gestand der Senat dem Auftraggeber kein fristloses Kündigungsrecht zu. Daher lag „nur“ eine freie Kündigung mit der Folge der vollen Gewinnvergütungspflicht vor.
Praxistipp:
Dem Architekten ist ohnehin immer zu raten, vor Beginn der Leistung einen schriftlichen Architektenvertrag abzuschließen, der sowohl die zu erbringenden Leistungen des ganz konkret zu benennenden Bauvorhabens als auch die Vergütungsvereinbarung für das zu zahlende Honorar beinhalten sollte. Zumindest muss der Architekt darauf achten, dass konkrete Leistungsphasen und darüber hinaus auch Honorarzonen und Honoraransätze zwischen den Parteien vereinbart werden. Denn die strengen Voraussetzungen der HOAI (Honorarordnung für Architekten und Ingenieure) sehen vor, dass der Architekt ansonsten nur die Mindestsätze berechnen kann, wenn keine schriftliche Honorarvereinbarung vor Durchführung der Leistung abgeschlossen wird.
Dem Auftraggeber ist hingegen zu raten, etwaige Kostenobergrenzen nicht einseitig vorzugeben, sondern diese vielmehr ausdrücklich und schriftlich im Architektenvertrag vor Aufnahme der Leistung durch den Architekten mit diesem eindeutig zu vereinbaren.
Auch sind etwaige Sonderwünsche und konkrete Anforderungen an das Architektenwerk genauso ausdrücklich im Architektenvertrag niederzulegen, damit es nachher über die Vertragspflichten keinen Streit gibt.
Wenn die Parteien keine genauen Vereinbarungen getroffen haben, so muss zunächst der schriftliche Vertrag und wenn ein solcher nicht vorhanden ist, sogar eine etwaig mündlich getroffene Vereinbarung durch den Tatrichter ausgelegt werden.
Unter anderem wegen dieser Auseinandersetzung hat der Volksmund die Weisheit geprägt: „Vor Gericht und auf hoher See ist man in Gottes Hand“.
D6/D22463