Gewährleistungsbürgschaft: Verjährungsbeginn nach neuem und altem Recht

  1. Der Bürge kann sich auch nach geltendem Recht nicht auf Verjährung der Hauptschuld berufen, wenn der Mangel in unverjährter Zeit gerügt, die Bürgschaft aber erst in verjährter Zeit in Anspruch genommen wird.
  2. Die Forderung aus der Gewährleistungsbürgschaft unterliegt grundsätzlich der Verjährungsfrist von drei Jahren. Die Verjährungsfrist beginnt, wenn sich der Anspruch des Auftraggebers gegen den Unternehmer auf Nachbesserung in eine Geldschuld umgewandelt hat.(Urteil des Kammergerichts vom 24.10.2006 – 7 U 6/06 – in BauR 2007, S. 547 ff.)

Sachverhalt:
Auftraggeber und Auftragnehmer hatten einen Bauleistungsvertrag unter Einbeziehung der VOB/B abgeschlossen und einen Sicherheitseinbehalt in Höhe von 5 % der Bruttoauftragssumme, ablösbar durch Bankbürgschaft, vereinbart.

Nachdem die Leistung durch den Auftraggeber abgenommen worden war, stellte der Auftragnehmer eine Gewährleistungsbürgschaft in Höhe des Sicherheitseinbehaltes, den der Auftraggeber sodann auszahlte.

Noch während der Gewährleistungsfrist rügte der Auftraggeber erhebliche Mängel gegenüber dem Auftragnehmer und forderte diesen unter Fristsetzung zur Mängelbeseitigung auf. Nach mehreren erfolglosen Mängelbeseitigungsversuchen kamen beide schließlich dahingehend überein, den Erfolg einer konkreten Mängelbeseitigungsmaßnahme durch den Auftragnehmer abzuwarten und später zu entscheiden, ob der Mangel tatsächlich beseitigt worden war.

Als sich die Baufirma mehrere Monate später jedoch kategorisch weigerte, noch weitere Mängelbeseitigungsversuche zu unternehmen, lehnte der Auftraggeber die Entgegennahme von Mängelbeseitigungsmaßnahmen ausdrücklich ab und beantragte die Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens, wobei der gerichtlich bestellte Sachverständige erhebliche Baumängel feststellte und in seinem Gutachten darlegte, dass diese durch die Baufirma verursacht worden seien.

Sodann setzte der Auftraggeber der Baufirma nochmals eine Frist zur Mängelbeseitigung und drohte für den Fall des wiederum fruchtlosen Fristablaufes an, die Entgegennahme etwaiger Mängelbeseitigungsarbeiten durch den Auftragnehmer abzulehnen, die Arbeiten durch Drittfirmen ausführen zu lassen und die Baufirma auf Schadensersatz in Anspruch zu nehmen.

Als auch diese Frist verstrich, nahm der Auftraggeber die seinerzeit die Gewährleistungsbürgschaft ausstellende Bank in Anspruch, die sich jedoch auf die mittlerweile eingetretene Verjährung berief.

Als der Auftraggeber seinen Anspruch einklagen musste, wies das Landgericht die Klage ab. Auf die daraufhin eingelegte Berufung änderte das Kammergericht in Berlin das Urteil ab und erkannte dem Auftraggeber den vollständigen Anspruch zu.
Wesentliche Entscheidungsgründe:

Der 7. Zivilsenat des Kammergerichts ging davon aus, dass die Bank sich bereits deshalb nicht auf die angebliche Verjährung berufen konnte, da seinerzeit bei Abnahme des Bauvorhabens im Abnahmeprotokoll ausdrücklich vereinbart worden sei, dass die Gewährleistungsfrist von fünf Jahren nicht schon mit der Abnahme des Bauvorhabens, sondern erst dann beginne, wenn der Auftragnehmer sämtliche Mängel am Bauvorhaben beseitigt habe.

Ferner ging das Kammergericht davon aus, dass in den zwischenzeitlich durchgeführten Nachbesserungsversuchen des Auftragnehmers ein Anerkenntnis sowohl der Mängel als auch der Mängelbeseitigungspflicht liege und daher die bis dahin abgelaufene Verjährung unterbrochen und eine neue Verjährung zu laufen begonnen habe.

Letztere war noch nicht abgelaufen, so dass bereits die Einleitung des selbständigen Beweisverfahren den weiteren Ablauf der Verjährung wirksam hemmen konnte und die Klage daher rechtzeitig eingereicht worden war.

Praxistipp:
Wenn der Auftragnehmer im Zuge der Gewährleistungsfrist insolvent wird und daher nicht mehr auf Schadensersatz in Anspruch genommen werden kann, bleibt dem Auftraggeber oftmals nur die Inanspruchnahme der Gewährleistungsbürgschaft, da die sich verbürgende Bank oder Versicherung über die notwendige Liquidität verfügt.

Jedoch übersehen die meisten Auftraggeber, dass dem Bürgen nicht nur die eigenen Einwendungen, sondern auch sämtliche Einreden zustehen, die der Auftragnehmer gegenüber dem Auftraggeber entgegenhalten kann. Maßgeblich kann sich dieses auf nicht bezahlte Rechnungen des Auftragnehmers oder darauf beschränken, dass gar keine Mängel vorlägen.

Im hiesigen Fall ging es jedoch darum, dass sich der Gewährleistungsbürge auf den Standpunkt stellte, von der Abnahme des Bauwerkes an bis zur tatsächlichen Inanspruchnahme seien bereits mehr als fünf Jahre vergangen, so dass die Ansprüche nicht mehr mit Erfolg geltend gemacht werden könnten. Dem hat das Kammergericht in bemerkenswerter Klarheit einen Riegel vorgeschoben und ausdrücklich erklärt, dass es nicht zum Nachteil des Auftraggebers wird, wenn der Auftragnehmer über Art und Umfang von Mängelbeseitigungsarbeiten verhandelt, ja sogar Mängelbeseitigungsarbeiten vornimmt, die jedoch schlichtweg dann nicht mehr zum Erfolg führen.

Jedoch ist jedem Auftraggeber ausdrücklich anzuraten, bei nicht nur unwesentlichen Mängeln die Abnahme schlichtweg zu verweigern, da vorher ohnehin keine Verjährung von Gewährleistungsansprüchen eintreten kann. Erst wenn das Bauvorhaben auf tatsächlich unwesentliche Mängel hin beschränkt werden kann und der Auftraggeber ansonsten der Auffassung ist, es sei mangelfrei durch den Auftragnehmer geleistet worden, sollte er frühestens an die Erklärung der Abnahme denken.

Ebenfalls ist darauf zu achten, dass sämtliche Mängel sodann in einem schriftlich abzufassenden Abnahmeprotokoll vorbehalten werden müssen, damit der Auftraggeber nicht seinen Mängelbeseitigungsanspruch durch den Auftragnehmer verliert.

Ferner sollte sich angesichts der doch immer noch recht häufigen Insolvenzen von Baufirmen jeder Auftraggeber überlegen, ob er nicht bei Abschluss des Bauvertrages mit dem Auftragnehmer eine Sicherheitsleistung in Höhe von 5 % der Bruttoauftragssumme für die Dauer der Gewährleistungsfrist von fünf Jahren vereinbaren sollte, die der Auftragnehmer dann durch Stellung einer Gewährleistungsbürgschaft ablösen kann. Denn selbst wenn es die Baufirma dann während der Gewährleistungszeit nicht mehr gibt, weil sie schlichtweg insolvent geworden ist, so kann sich der Auftraggeber wenigstens noch wegen eines Teiles seiner Ansprüche an den Gewährleistungsbürgen halten.

D6/D22464

Gewährleistungsbürgschaft: Verjährungsbeginn nach neuem und altem Recht