Der Bundesgerichtshof hat sich in einem Urteil vom 05.10.2006 (XII ZR 197/02) mit einem weiteren Teilaspekt der so genannten Hausmannrechtsprechung auseinandergesetzt.
Dem lag folgender Fall zugrunde:
Die Kläger sind Kinder des Beklagten aus dessen geschiedener Ehe. Der Beklagte ist wieder verheiratet. Aus dieser Ehe sind drei weitere Kinder hervorgegangen.
Der Beklagte hat in seiner neuen Ehe die Haushaltstätigkeit und Kindererziehung übernommen und erzielt keine eigenen Einkünfte. Er ist brasilianischer Staatsangehöriger, seine Ausbildung wird in Deutschland nicht anerkannt. Seine zweite Ehefrau ist Diplom-Pädagogin und erzielt Einkünfte, die sich auf rund 2.500,00 EUR monatlich belaufen.
Das OLG hatte den Beklagten zur Zahlung von Unterhalt an seine Kinder aus erster Ehe in zeitlich gestaffelter Höhe verurteilt. Er sei verpflichtet, neben der Betreuung und Erziehung seiner Kinder aus zweiter Ehe einen Nebenerwerb auszuüben.
Mit seiner Revision erstrebte der Beklagte den Wegfall seiner Unterhaltspflicht.
Weil die zweite Ehefrau des Beklagten mit seinen Kindern aus erster Ehe nicht verwandt und ihnen deswegen auch nicht unterhaltspflichtig ist, kann für den Unterhaltsanspruch dieser Kinder nur auf die Leistungsfähigkeit des Beklagten selbst abgestellt werden. Allerdings bestehen die Unterhaltsansprüche aller minderjährigen Kinder des Beklagten aus seinen beiden Ehen gleichrangig nebeneinander, weswegen der Beklagte sich nicht aussuchen darf, welche Ansprüche er davon erfüllen will und welche nicht.
Zur Lösung des Interessenkonflikts der Kinder aus erster und zweiter Ehe hat der Bundesgerichtshof an der sog. Hausmannrechtsprechung festgehalten und diese weiter entwickelt:
Übernimmt der seinen Kindern aus erster Ehe barunterhaltspflichtige Elternteil in seiner neuen Ehe die Kindererziehung, so ist der damit verbundene Rollenwechsel unterhaltsrechtlich nur dann zu akzeptieren, wenn wirtschaftliche Gesichtspunkte oder sonstige Gründe von gleichem Gewicht einen erkennbaren Vorteil für die neue Familie mit sich bringen. Ist das nicht der Fall, muss sich der seinen Kindern aus erster Ehe barunterhaltspflichtige Elternteil so behandeln lassen, als ob er vollschichtig berufstätig wäre, und das daraus erzielbare – höhere – Einkommen zunächst für alle gleichrangigen Unterhaltsansprüche einsetzen.
Im vorliegenden Fall hat der Bundesgerichtshof die Rollenwahl akzeptiert, weil die zweite Ehefrau ein weitaus höheres Einkommen erzielt, als es der Beklagte erzielen könnte.
Nach dem BGH ist der Beklagte verpflichtet, neben der Beaufsichtigung und Erziehung seiner Kinder aus zweiter Ehe eine Teilzeiterwerbstätigkeit auszuüben. Seine zweite Ehefrau hat ihn in diesem Umfang von den Erziehungsaufgaben freizustellen, weil auch sie von den gleichrangigen Unterhaltsansprüchen der Kinder aus erster Ehe Kenntnis hat.
In welchem Umfang eine Erwerbstätigkeit neben der Kindererziehung möglich ist, muss im Einzelfall geklärt werden. Das OLG hatte einen Nebenerwerb von 325,00 EUR/Monat für zumutbar gehalten. Dieses hat der Bundesgerichtshof akzeptiert. Daneben steht dem Beklagten als Hausmann in seiner neuen Ehe ein Anspruch auf Familienunterhalt gegen seine zweite Ehefrau zu. Soweit dieser Anspruch sich als Taschengeld auf einen Geldbetrag richtet, kann der Beklagte auch diesen für den Unterhalt seiner Kinder aus erster Ehe verwenden. Für den Unterhalt der Kinder aus erster Ehe muss der Beklagte das Nebenerwerbseinkommen und das Taschengeld aber nur dann einsetzen, wenn sein eigener notwendiger Selbstbehalt gesichert ist. Im vorliegenden Fall war das sichergestellt.
Fazit:
Man kann sich als unterhaltspflichtiger Vater nicht unbedingt vor seinen Unterhaltsverpflichtungen für Kinder aus der ersten Ehe “drücken”, indem man in seiner zweiten Ehe die Rolle des Hausmannes und Familienvaters übernimmt.